Stehberufe aus chiropraktischer Sicht
Als menschliche Wesen sind wir dafür gemacht, uns zu bewegen. Gehen gilt dabei als natürlichste Bewegungsform – von Mutter Natur sind wir anatomisch dazu konzipiert, als Jäger und Sammler unser Leben zu bestreiten. Solange wir uns dynamisch bewegen, ist also alles gut.
Der Mensch ist dazu gemacht, jeden Tag zwischen 20 und 40 Kilometer zurückzulegen. Das implizierte zu den Urzeiten des Menschen das Laufen um die Höhle, das Sammeln von überlebenswichtigen Utensilien und das Beschaffen von Nahrung.
Wenn wir das nun einmal mit dem klassischen »Stehberuf« heute, zum Beispiel mit dem Beruf einer Verkäuferin vergleichen, die ihren beruflichen Alltag größtenteils im Stehen ausführt, dann gibt uns das interessanten Aufschluss über die Auswirkungen.
Ich hatte einmal eine Verkäuferin in meiner Praxis und habe sie nach »Bewegung« in ihrem beruflichen Alltag gefragt. Ihre Antwort war deutlich: »Natürlich bin ich den ganzen Tag auf den Beinen, allerdings meist ohne viel Bewegung und auf einer sehr kleinen Grundfläche von wenigen Quadratmetern.« Der Körper hat also letztendlich eine sehr statische Belastung auszuhalten – und keine besonders dynamische. Körperliche Problembereiche von »Stehberuflern« sind in der Regel die Füße und die Beine. Besonders aber auch der untere Rücken, etwas oberhalb der Gesäßhöhe.
Wenn Muskeln durch statische Belastung ermüden, können sich bald erste Zeichen von Ermüdung einstellen. So zum Beispiel Muskelverspannungen, Muskelzuckungen und durchaus auch Muskelschmerzen, die signalisieren sollen, dass die Muskeln zu bewegen sind und der Körper locker und dynamisch aktiv sein will. Zudem kann eine relativ statische Belastung Einfluss auf die Durchblutung haben: Wenn Muskeln chronisch verspannt sind, werden sie weniger durchblutet und dadurch selbst weniger mit Nährstoffen, Sauerstoff und auch Wärme (weil weniger warmes Blut durchfließt) versorgt – daher dann das Kälteempfinden im Schulter-Nackenbereich vermehrt auftreten.
Wenn diese statische Belastung lange Zeit nicht ausgeglichen wird, besteht die Möglichkeit, dass das gesamte Körpersystem sich entsprechend einrichtet. Das heißt, der Körper versucht, selbst wenn die Situation nicht ideal ist, sich so gut wie möglich darauf einzustellen und entsprechend helfende Bewegungsmuster aufzubauen. Diese Muster sind auch neurologischer Art, also bestimmen zudem die Weise, wie Muskeln angesteuert und Gelenke eingestellt werden sowie Gelenkflächen miteinander verbunden sind. Diese ungünstigen Muster können sich immer mehr verfestigen. Irgendwann, oft erst Jahrzehnte später, werden sie mit ihren Auswirkungen spürbar – Symptome treten vermehrt auf. Am Anfang ist das ein schleichender Prozess, allerdings wird irgendwann ein Punkt erreicht, wo der Mensch aufgrund der Schmerzen sagt: »Das ist nicht mehr auszuhalten. Wo kommt denn das so plötzlich her?«
Zu diesem Zeitpunkt sind die Systeme meist komplett ausgereizt, die Kompensationsfähigkeit erschöpft. Und von jetzt an sind es Kleinigkeiten, vermeintliche Kleinigkeiten, die große Probleme machen.
Chiropraktik kann diese ungesunden Muster verändern oder sogar auflösen, die ja nur entstanden sind, um eine ungünstige Position oder eine ungünstige Situation so angenehm wie möglich zu gestalten. Mit einer chiropraktischen Behandlung kann der Körper in die Lage versetzt werden, wieder eine neue, störfreie Funktionsfähigkeit herzustellen. Regelmäßig angewendet können damit die »alten Muster« verlernt und »normale Mustern« etabliert werden. Es ist ein Lernprozess, mit dem Menschen wieder ihr volles Potenzial leben können.